Frauen zur Prostitution gezwungen
 


 
Backnang – Menschenhandel, Vergewaltigung, Freiheitsberaubung: Wegen dieser und weiterer Verbrechen muss sich ein 36-jähriger Backnanger vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Der Prozess begann gestern.


VON BERND S. WINCKLER

Wieder hat die Stuttgarter Staatsanwaltschaft einen ehemaligen Wirtschafter eines Backnanger Bordells wegen zahlreicher schwerer Verbrechen – darunter Menschenhandel, Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, Rauschgiftdelikte sowie Körperverletzung – angeklagt. Am 12. November vergangenen Jahres hatte das Stuttgarter Landgericht bereits einen anderen ehemaligen Bordell-Wirtschafter und einen Bordell-Betreiber aus Backnang wegen Menschenhandels, Vergewaltigung und Förderung der Prostitution zu hohen Haftstrafen verurteilt.

Jetzt sitzt ein 36-Jähriger auf der Anklagebank der 16. Großen Strafkammer, der ab Februar 2007 ebenfalls als Wirtschafter in dem Backnanger Etablissement tätig gewesen sein soll. Er soll mehrere Rumäninnen längere Zeit auf die übelste Art misshandelt und dabei vergewaltigt und erheblich verletzt haben. Die Anklagevertretung wirft ihm insgesamt 21 Taten vor: Bereits im Frühjahr 2002 soll er – damals noch im Rheinland – eine junge rumänische Frau von einem Bekannten „gekauft“ haben. Fünf Jahre lang habe er die Frau als eine Art Leibeigene behandelt, sie blutig geschlagen und vergewaltigt. Ab Februar 2007 soll er als Backnanger Wirtschafter eine andere Rumänin in deren Bordell-Zimmer brutal vergewaltigt haben. Für 2700 Euro habe er dann vier Wochen später eine andere Rumänin eingekauft und sie zur Prostitution gezwungen. Damit sie als Liebesdame arbeitet, soll er sie in mindestens 20 Fällen eingesperrt und schwer misshandelt haben.

Schließlich habe er die 22-Jährige im Juli 2007 in ein Bordell nach Böblingen gebracht und sie hier 24 Stunden lang kontrolliert, damit sie ihm ihre gesamten Prostitutions-Einnahmen abgebe. Falls sie den Beruf aufgeben wolle, habe er gedroht, Leute zu schicken, die sie hart anfassen würden. Er werde sie töten lassen, falls sie aussteigen will. Im August vergangenen Jahres verübte die Frau einen Selbstmordversuch und soll danach von dem Angeklagten zur weiteren sexuellen Ausbeutung wieder nach Backnang zurückgeholt worden sein. Dort, so die Anklage weiter, habe er sie in einem Zimmer eingeschlossen und sie mit mehreren Fausthieben in die Nieren, in das Gesicht und auf den Körper sehr schwer verletzt. Mit mehreren Knochenbrüchen sei die Frau von ihm dann zur weiteren Prostitution angehalten worden. Aus Angst vor weiteren Schlägen habe das Opfer sich nun nicht mehr getraut, Nein zu sagen. Den Tagesverdienst in Höhe von bis zu 700 Euro habe der Angeklagte ihr jeweils abgenommen.

Nach umfangreichen Hausdurchsuchungen im August vergangenen Jahres in Backnang und in Böblingen konnte der Angeklagte schließlich am 28. August festgenommen werden, nachdem er gerade ein Rauschgiftgeschäft abgeschlossen hatte. Sein Verteidiger hatte am gestrigen ersten Prozesstag durch zahlreiche Anträge versucht, die Verhandlung gänzlich aussetzen zu lassen. Alle Anträge wurden jedoch abgelehnt, wobei allerdings mehrere Stunden vergingen, bis das Verfahren überhaupt begonnen werden konnte. Der Beschuldigte selbst schweigt zu den Vorwürfen. Der Prozess wird morgen fortgesetzt. Am Freitag nächster Woche beginnt vor der 7. Großen Strafkammer des Landgerichts das Menschenhandel-Verfahren gegen einen weiteren Backnanger Bordell-Wirtschafter.